
HANNOVER. Zusätzliche Aufgaben, mehr Geld und Personal: Die Hannover Marketing und Tourismus GmbH (HMTG) stellt sich neu auf – seit dem 1. November auch mit einer Doppelspitze in der Geschäftsführung. Hans Christian Nolte, bereits seit 1. Februar 2002 im Amt, und Neuzugang Christian Katz erläutern im Gespräch mit dem WirtschaftsDienst ihre Pläne für die Zukunft. Katz geht seine neue Aufgabe mit einem hohen Anspruch an. „Auch wenn ich gebürtig nicht aus Hannover stamme, fühle ich mich zu hundert Prozent als Hannoveraner“, so der 40-Jährige, der in Wilhelmshaven geboren, in Oldenburg aufgewachsen und 2015 aufgrund der „Special Olympics“ in die Landeshauptstadt gekommen ist. Zuletzt war er selbstständig und zuvor, bis Juli 2023, insgesamt sieben Jahre in Verantwortung bei „Hannover 96“. „In meiner neuen Position als Geschäftsführer bei der HMTG kann ich gestalten, das treibt mich an. Es gibt ein klares Ziel: Wir möchten Hannover als attraktivste Stadt Deutschlands positionieren! Dabei werden wir nicht in den Vergleich mit Hamburg, Berlin oder München gehen, sondern herausstellen, was uns in der Region Hannover besonders macht. Und das ist viel“, so Katz voller Tatendrang. Nolte zeigt sich erfreut, ob der Verstärkung: „Wir begreifen uns als gleichwertige Geschäftsführungskollegen. Die Themen, die uns jetzt gemeinsam bewegen, sind nicht weniger geworden und was gerade am Standort Hannover passiert, ist hochinteressant.“

12 Millionen Euro mehr für Marketing
Die doppelte Kraft an der Spitze geht einher mit strukturellen Veränderungen in der HMTG. So haben die Landeshauptstadt und die Region als Gesellschafter zusätzlich 12 Millionen Euro für drei Jahre ab 2024 für das Standortmarketing zur Verfügung gestellt (WirtschaftsDienst berichtete). Gemeinsam stellen Nolte und Katz jetzt die Weichen für die Zukunft: „Wir haben uns sehr intensiv mit der internen Struktur beschäftigt: all die Themen, die wir haben, werden geclustert und dann kommuniziert. Mit einer modernen Organisationsform schreiben wir neue Stellen aus, um uns zu verstärken. Wir haben bereits jetzt Vakanzen, die wir im Zuge der Neuaufstellung besetzen wollen. In allen Überlegungen werden wir unsere Visionen, Leitplanken und Ziele schärfen. Die Grundlage bildet die Vision, die die HMTG im vergangenen Jahr zusammen mit vielen ihrer Stakeholder in einem intensiven Strategieprozess erarbeitet hat. Welche Themen eignen sich imagefördernd und tourismustreibend für eine nationale Kampagne, welche sind für internationale Zielmärkte geeignet?“, erklärt Katz. Und mit dem weiteren Aufbau eines positiveren Images werde Hannover gleichzeitig auch bei Tourismus, Wirtschaftsförderung und Fachkräftegewinnung noch attraktiver werden. „Wir wollen keine Schnellschüsse, sondern wohlüberlegt handeln. Wir wollen den Erfolg unserer Kampagnen messen können“, betont Nolte.
„Erstmals auskömmlich finanziert“
Das entlastet auch an anderer Stelle: Dadurch, dass die anderen Aufgaben nun auskömmlich finanziert seien, sei die HMTG in diesem Jahr erstmals in ihrer Geschichte mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung für ihre Tourismus-Aufgaben ins Jahr gestartet. Dieser „abgesicherte Tourismus“ gebe nicht nur Planungssicherheit, so Nolte, sondern mache auch den Kopf frei, um sich strategischer und langfristiger aufzustellen. Dass dabei die gesamte Servicestruktur, die „Hauptschlagader“, immer als Tagesgeschäft mitlaufe, sei selbstverständlich. Dazu gehörten Tourismusservice und -information, Städtereisen, Zimmervermittlung, Stadtührungen sowie Busrundfahrten.

Hotelstruktur wird internationaler
Aber auch weiterhin das „Hannover Convention Bureau“, wenngleich die gesonderte Förderung ausgelaufen ist. Was die Arbeit im Kongressbüro angeht, stehe die HMTG vor großen Herausforderungen. Die
Schwierigkeit dabei sei die Größe der Hotels – und damit die Anzahl der Betten oder Zimmer pro Hotel. Diese sei in Hannover vergleichsweise gering, sodass es schwer werde, bestimmte Kongresse
nach Hannover zu holen. Die Herausforderung liege in der Unterbringung der Teilnehmer. Wenn ein Veranstalter eine Buchung für 500 Zimmer anfrage, müsse dieser seine Gäste trotz großen Vorlaufs
derzeit auf acht bis zehn Hotels aufteilen. Vielen Veranstaltern sei es aber wichtig, dass beispielsweise Kongressteilnehmer direkt an einem Ort untergebracht würden. „Bei ähnlichen Standorten,
denen Hannover nach oben in den Wettbewerb folgen könnte, unterscheidet sich die Situation wesentlich", weiß Nolte. Hinzu komme, dass viele Hotels Reservierungen nur unter Vorbehalt zusagten –
für den Fall, dass sich etwas im Messekalender verändert. Zu dieser Situation am Standort müssten die Verantwortlichen einen gangbaren Weg finden – hierzu sei ein guter Austausch mit der Deutschen Messe AG und den anderen Steakholdern auch weiterhin wichtig. „Die Messe ist für uns ein Treiber in Hannover
und wird es auch weiter bleiben, das ist unbestritten. Wir sehen uns als starken Messe- und Kongressstandort und setzen dies in der Kommunikation für den Standort klar ein“, unterstreicht Katz.
Auch zukünftig bleibe es für den Standort von Bedeutung, Messen, hochwertige Veranstaltungsformate, Events, Konzerte und Kongresse zu ermöglichen und wiedergeben zu können. Insgesamt ist die
Hotelentwicklung für Nolte seit Jahren ein relevanter Aspekt. „Es bleibt ja nicht verborgen, was derzeit an Hotels gebaut wird“, etwa 2.000 Betten würden gerade aufgebaut. „Das bedeutet, dass wir
dann bei 16.000 Betten wären. Die Auslastung allerdings geht zurück.“ Hinzu kämen rund 2.400 „Airbnb“-Zimmer. Der Markt ändere sich gerade unglaublich schnell, dazu gehöre auch eine Zunahme
internationaler Ketten.
Konkrete Maßnahmen noch 2025
„Wenn wir zukünftig einen größeren Fokus auf das Standortmarketing legen, dann werden wir dies nachhaltig und langfristig tun. Um in die definierten Zielmärkte zu kommunizieren, bereiten wir
gerade die Suche nach einer Agentur vor, mit der wir die nächsten Schritte gehen wollen. Wir sind gut beraten, zwar ‚digital first', aber eben nicht ‚digital only' zu denken. Insofern werden
dabei auch Print-Medien eine Rolle spielen“, unterstreicht Katz. Dabei werde mit allen Formaten im gesamten Media- und Marketingmix gespielt werden. Bis die neue Strategie nach außen sichtbar
wird, setzt die HMTG auf die Fortführung der Kampagne „Hannover ist…“.
Gesetzt werden weiterhin – mindestens bis März auch auf Plakaten in zahlreichen deutschen Bahnhöfen – die Themen Robotik, „Digital Health City Hannover“,Start-ups und „marienvalley“, hier mit einem Fokus
auf Lasertechnik und dem sich im Aufbau befindlichen Startup- Center. „Das ist ein Riesenpaket“, zeigt sich Nolte mit der Außenwirksamkeit für den Standort zufrieden. Zudem präsentiert sich
Hannover auch in diesem Jahr auf der „Internationalen Tourismusbörse“ (ITB) in Berlin. Mit der ITB-Kampagne
„Save the Date!“ wird für den Internationalen Feuerwerkswettbewerb, das Maschseefest, den Deistertag und das Festliche
Wochenende am Steinhuder Meer geworben. „Die ITB ist leider nur noch eine B2B-Messe. Die Messe ist kürzer, aber die Geschäftte werden immer noch dort angebahnt, ‚people business‛ eben“, sagt
Nolte. Eine Aufgabe, die der leidenschaftliche Kommunikator liebt – dennoch freut sich der 63-Jährige, sie in der ersten Märzwoche mit Katz zu teilen.
Im „Städteranking“ nach oben klettern?
Aber was muss gelingen, um Hannover als attraktivste Stadt und Region Deutschlands zu positionieren? Ein Fokus liege auf der Transformation zukunftsfähiger Branchen am Standort und der
langfristigen und nachhaltigen Zielsetzung, sind sich Nolte und Katz einig. „Alle Städte überprüfen ihr Leitbild, alle Städte denken nach Corona nochmal neu, in neuen Themen. Wir setzen dabei
bewusst keinen Schwerpunkt – für uns ist die ganzheitliche Ausrichtung wichtig. Im Mittelpunkt steht der Mensch, der hier eine Zukunftsperspektive hat. Unsere Fokusbranchen treiben wir daher
weiter nach vorne, um uns Respekt zu verschaffen. Wir müssen die Erfolge der Wissenschaft und Wirtschaft am Standort mehr zeigen! Zeigen, warum Unternehmen genau hierher kommen sollen. Investoren
haben uns bereits auf ihrer Karte. Um uns herum wird kräftig investiert und wir gehen stark von einem wachsenden Mikrokosmos rings um die neuen Hotels aus. Ganz klar: wir wollen Hannover als
stärksten B-Standort positionieren“, gibt Nolte den Kurs vor. Als B-Standorte werden Großstädte mit nationaler und regionaler Bedeutung bezeichnet. Der Standort könne mit Selbstbewusstsein und
Stolz auftreten, ergänzt Katz und schaut gedanklich auf die nahe Zukunft. Er möchte Hannover in einer „neuen Denkkultur“ auf die Karte packen. „Das, was schon nach innen scheint, nach außen zum
Leuchten zu bringen, ist die wesentliche Aufgabe. Die Auswirkungen werden wir dann in ein paar Jahren sehen können.“ Und auch eine Vorstellung davon, wie sich dies messen ließe, hat Katz bereits:
„Vielleicht klettern die Hannoveraner schon bald im ‚Glücksatlas‛ nach oben und lösen Ulm als ‚lebenswerteste Großstadt‛ in Deutschland ab?“ Derzeit belegt die Region noch den 55. von 71 Plätzen.
Bild 1: Die Standortkampagne „Hannover ist…“ setzt deutschlandweit Akzente, zum Beispiel in Städten wie Stuttgart. Collage HMTG
Bild 2: Im Gespräch über die Zukunft der HMTG: Andreas Bosk, Christian Katz, Hans Christian Nolte und Annamaria Landsmann-Bosk (v.l.); Windels / HMTG
Bild 3: Neue Hotels entstehen, wie hier bis Anfang 2026 das „Premier Inn“ mit 220 Betten in zentraler Lage am Lister Tor; MBN